Während des Zweiten Weltkrieges waren in Jena circa 14.000 Zwangsarbeiter:innen beschäftigt. Rund die Hälfte von ihnen waren Frauen. Ab März 1943 wurden Schwangere nicht mehr wie zuvor in ihre Heimat zurückgeschickt, sondern blieben in Jena, um direkt nach der Entbindung wieder als Arbeitskraft eingesetzt zu werden.
Die meisten Kinder von Zwangsarbeiterinnen kamen in der Universitätsfrauenklinik zur Welt. Ob die Frauen und ihre Kinder dort in einem von den deutschen Patient:innen abgetrennten Bereich untergebracht waren, ist nicht bekannt. Von den 46 dokumentierten Todesfällen ausländischer Neugeborener überlebten 19 nicht einmal das erste Lebensjahr.
Üblicherweise wurden Neugeborene von Zwangsarbeiterinnen in sogenannten Ausländerkinderpflegestätten untergebracht. Die meisten Kinder starben dort an den Folgen organisierter Vernachlässigung. Für die Stadt Jena lässt sich aufgrund der unzureichenden Quellenlage die Existenz einer solchen Einrichtung bislang nicht nachweisen. Möglicherweise waren die Neugeborenen in den jeweiligen Zwangsarbeitslagern in gesonderten Baracken untergebracht. Darauf deuten die erhalten gebliebenen Sterbeurkunden hin.
Weiterführende Literatur:
Raimond Reiter, Tötungsstätten für ausländische Kinder im Zweiten Weltkrieg. Zum Spannungsverhältnis von kriegswirtschaftlichem Arbeitseinsatz und nationalsozialistischer Rassenpolitik in Niedersachsen, Hannover 1993.
Bernhild Vögel, Säuglingslager – „ein Massenexperiment allergrößten Stiles?“, in: Andreas Frewer/Günther Siedbürger (Hg.), Medizin und Zwangsarbeit im Nationalsozialismus. Einsatz und Behandlung von „Ausländern“ im Gesundheitswesen, Frankfurt 2004, S. 309-340.
Evelyn Zegenhagen, Facilities for Pregnant Forced Laborers and Their Infants in Germany (1943-1945), in: United States Holocaust Memorial Museum (Hg.), Children and the Holocaust, Symposium Presentations, Washington, D.C. 2004, S. 65-75.
Autorinnen: Sophie Starrach, Leo Tommesch